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Was hat Selbstorganisation in Unternehmen mit einem geglückten Gefängnisausbruch zu tun?

Aktualisiert: 30. Nov. 2022

Selbstorganisation beschreibt eine Form der Zusammenarbeit, die weder einer Top-down-Planung folgt noch auf einer starren Hierarchie beruht. Mitarbeitende eines Unternehmens erkennen einen Sinn in ihrer Arbeit und lösen kreativ Probleme. Die Aufgaben sind klar verteilt und alle gehen selbstbestimmt dem gemeinsamen Ziel nach. Wie Selbstorganisation funktioniert lässt sich wunderbar an der Organisation von Gefängnisinsassen darstellen. Du fragst Dich wie? Das erläutere ich Dir gerne in diesem Beitrag.



Räumen wir zunächst einen Mythos aus der Welt. Selbstorganisation habe keine Führung und bedarf keiner Struktur. Was würde aber passieren, wenn Rollen nicht klar verteilt werden? Wenn niemand weiß, wie Entscheidungen gemeinsam getroffen werden? Folglich würde die Selbstorganisation einem Selbstzweck dienen. Teammitglieder würden sich vom eigentlichen Ziel loslösen und die „neue Freiheit“ sich in kürzester Zeit zu Stress und Hilflosigkeit wandeln.


Die Bedeutung von Regeln wurde mir besonders bewusst, als ich auf die Erfahrung von Dieter Rösner, Autor des Buches „Selbstorganisation braucht Führung“ gestoßen bin. Als Teamleiter in einem Heim für männliche Jugendliche mit einem herausfordernden Verhalten hat er beobachten können, wie die gemeinsame Essensplanung der Jugendlichen fast immer scheiterte, während ihre Planung für einen Ausbruchsversuch erschreckend gut lief.


Da fiel es mir auf und die Idee für diesen Blogbeitrag entstand. Denn auch ich konnte diese Art der Selbstorganisation beim Schauen meiner Lieblingsserie Prison Break beobachten. Um gemeinsam mit seinem fälschlicherweise zum Tode verurteilten Bruder aus dem Gefängnis zu fliehen, hielten Michael Scofield und sein Team geheime Meetings, in denen sie Zeitpläne und eine raffinierte Vorgehensweise erstellten. Ganz schön viel Selbstorganisation. Aber warum waren sie damit so erfolgreich?


Ein gemeinsames Problem

Die Gefangenen hatten offensichtlich ein gemeinsames Problem. Nämlich ohne ertappt zu werden, eine grandiose Flucht zu planen und durchzuführen. Nicht zu vergessen, der Umweg über den Hochsicherheitstrakt, bevor in Richtung Freiheit geblickt werden konnte. Ich war nach den ersten Folgen schon so eingespannt, dass ich den Ausbruch gedanklich mitgeplant habe. Ich als Zuschauer wusste genau, welche Rolle jede Figur einnehmen musste, um mit der Flucht Erfolg zu haben.


Blicken wir jetzt in die konventionellen Unternehmen, sehen wir oft, dass die Mitarbeitenden kein gemeinsames Problem haben. Folglich gibt es in ihren Augen keine Notwendigkeit zur Selbstorganisation.


Leitet das Unternehmen nun die Umstellung zur Selbstorganisation ein, kann es innerhalb der neuen Teams, in denen es nun gilt, eine kollektive Leistung zu erbringen, zu Spannungen und Konflikten kommen. Ihre bisherige individuelle Art der Arbeit hat ja funktioniert und war somit „gut“. Das Problem haben ihrer Meinung nach also andere.


Klare Struktur, Aufgabenverteilung, Führung

Ein weiter Grund, warum der Ausbruch gelang, war die Struktur und einer, der die Führung übernahm – Michael Scofield. Die geheimen Meetings mussten schließlich gut organisiert sein.


Eine klare Struktur schafft in Unternehmen eine Orientierung für das Team. Ohne sie würde das Team die Übersicht über die komplexe Zusammenarbeit verlieren. Wie sieht die Arbeitsstruktur aus? Wo liegen die Grenzen? Wer hat welche Verantwortung? Welche Rolle habe ich? Fragen, die eine klare Struktur und Aufgabenverteilung beantworten. Eine Führung sorgt in diesem Zusammenhang für Sicherheit und Orientierung. Wichtig ist das Miteinander. Durch eine transparente Kommunikation kann die Führung die Struktur gemeinsam mit dem Team reflektieren und sich mit Problemen auseinandergesetzt werden.


Kriterien eines sozialen Systems

1. Komplexität

Die Komplexität rund um den Gefängnisausbruch war nicht zu übersehen. Das Tattoo, dass Michaels gesamten Oberkörper überzog und den Aufbau der Gefängnisanlage beinhaltet, war dabei nur ein Teil. Wie kommuniziert man? Wie werden Werkzeuge gebastelt? Wie kommt man an Schlüssel? Springt man über die Gefängnismauern? Und wie geht es eigentlich nach der Flucht weiter?

Für die konventionellen Unternehmen stellt sich also die Frage, wie die Teams mit dem Thema Komplexität am besten umgehen sollen. Es gilt, die Komplexität und Unübersichtlichkeit zu akzeptieren, um darauf aufbauend die Rollen klar zu verteilen und als Team zu funktionieren. Den nur so kann das Zusammenspiel als Team, in dem jeder einen anderen Wissensstand und eine andere Art der Arbeit hat, erfolgreich gestaltet werden. Der Zusammenfall des Teams lässt sich nur dann vermeiden, wenn jedes Teammitglied seine Rolle in dem System kennt.


2. Selbstreferenz

Eine weitere zentrale Eigenschaft in einem sozialen System ist die Selbstreferenz. Damit ist konkret gemeint, was das Team für sich selbst darstellt. Das Verhalten des Teams wirkt also nur auf dieses selbst zurück. Die Beziehungen, die das Team untereinander aufstellt, weichen von den Beziehungen zu ihrer Umwelt ab. Das Team handelt nicht, wie dessen Umwelt vorgibt, sondern eigenverantwortlich. Die Umwelt setzt lediglich Begrenzungen im Sinne von Rahmenbedingungen und bietet Möglichkeiten. Wie diese Möglichkeiten in Folge realisiert werden, bleibt von der Selbstorganisation des Teams abhängig.


3. Redundanz

Selbstorganisation sieht alle Teile des Systems als mögliche Gestalter. Das bedeutet, dass jeder Teil einen Einfluss auf das selbstorganisierte System nehmen kann. So kann es leicht zu einer Redundanz kommen, nämlich immer dann, wenn mehrere Teammitglieder Einfluss auf dieselbe Sache üben. Und das ist durchweg positiv, denn jedes Mitglied vertritt eine andere Sicht, Vorgehensweise und bringt andere Informationen mit ein.


4. Autonomie

Selbstorganisierte Teams agieren autonom. Sprich, ihnen wird die Möglichkeit gegeben, selbst zu wirken. So gibt auch das Unternehmen, das außerhalb des selbstorganisierten Systems steht, zwar Anstöße – beeinflusst wird das System allerdings durch die einzelnen Teammitglieder.


Abschluss

Also noch mal im Schnelldurchlauf. Selbstorganisation funktioniert nur dann, wenn es erstens ein gemeinsames Problem gibt und zweitens eine Führung einschließt. Hast Du die Grundregeln erfüllt, prüfst Du, ob Dein Team die passenden Eigenschaften vertritt. Macht Dein Team das? Ja? Dann befindest Du dich auf einem sehr guten Weg in Richtung Selbstorganisation. Nein? – Dann empfehle ich Dir Prison Break auf deine Watchlist zu setzen.


Um keinen Beitrag mehr zu verpassen und wenn Du wissen möchtest, welche Methoden es in der Selbstorganisation gibt und was es mit dem agilen Projektmanagement auf sich hat, schaue regelmäßig in unseren Blog und tausch Dich über maryam.seghier@outlook.de gerne mit mir oder auch Domenika aus!



 

Info: Maryam Seghier ist Praktikantin bei Domenika Rinke und hat ihren ersten, wunderbaren Blogbeitrag über Selbstorganisation geschrieben.

 

Gloger, B., Rösner, D. (2017): Selbstorganisation braucht Führung, 2. Aufl., Carl Hanser Verlag.


o.V. (2016): Selbstorganisation braucht Führung: Die glorreichen Sechs – Struktur,


Wenzel, J. (2012): Selbstreferentielle Systeme, http://www.systemische-beratung.de/selbstreferentiell.htm.


Klein, S., Hughes, B. (2019): Der Loop Approach, Campus Verlag GmbH.





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