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Schluss mit Blaming: Wie gehe ich eine konstruktive Fehlerkultur an?

Aktualisiert: 12. Okt. 2022

Sechs Ideen und Anregungen, die eine konstruktive Fehlerkultur unterstützen. Wie unangenehme Emotionen ihre Berücksichtigung finden und was bei der virtuellen Zusammenarbeit besonders wichtig ist.




In meinem ersten Blog Beitrag zum Thema Fehlerkultur bin ich darauf eingegangen, warum für Unternehmen eine konstruktive Fehlerkultur gerade jetzt überlebenswichtig ist und warum sich die meisten Unternehmen selbst im Weg stehen. Wenn Du Dir den Teil sparen möchtest und gleich neue Ideen suchst, bist Du hier ebenfalls genau richtig.


Hervorheben möchte ich noch einmal, dass Fehler nicht mit Absicht passieren und oftmals mit negativen Emotionen verbunden sind. Gibt es keinen Schutzraum, in dem diese Emotionen ihren Platz finden, neigen Menschen dazu diesen unangenehmen Emotionen aus dem Weg zu gehen, bspw. durch Vertuschung von Fehlern. Vor diesem Hintergrund und weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse habe ich mir Gedanken gemacht, worauf man bei der Unterstützung einer konstruktiven Fehlerkultur achten sollte. Hier findest Du einige Anregungen, die eine konstruktive Fehlerkultur fördern.

Was können Unternehmen also tun, um eine konstruktive Fehlerkultur zu unterstützen?



1. Vertrauensvollen Rahmen schaffen

Um offen über Fehler sprechen zu können braucht es einen vertrauensvollen Rahmen, weil Fehler meistens mit unangenehmen Emotionen verbunden sind. Im eigenen Team kann man anfangen, indem man sich im nächsten Meeting zusammensetzt, um über den Umgang mit Fehlern UND den Emotionen spricht. Dabei ist es wichtig keine zusätzlichen, negativen „Beschämer“ durch andere gelten zu lassen, indem die Personen bspw. bloßgestellt oder als Sündenböcke hingestellt werden. Grundlage ist Vertrauen, das insbesondere in der virtuellen Zusammenarbeit nicht leicht ist aufzubauen und eine besondere Beachtung finden sollte.


2. Das (unbewusst) gelebte Menschenbild transparent machen

Das gelebte Menschenbild schwingt bei unserem Denken unbewusst mit und leitet auch unser Handeln im Umgang mit Fehlern. Um diesem Menschenbild auf die Schliche zu kommen ist es möglich es transparent zu machen. Ein erster Schritt ist beispielsweise, indem ihr im nächsten Teammeeting zunächst jeder für sich und dann alle zusammen, brainstormed welches Menschenbild ihr und die Organisation überwiegend lebt. An welchen konkreten Handlungen macht ihr das fest? Was ist der Unterschied zwischen Realität und Wunsch? Tauscht Eure Perspektiven aus und überlegt, was Ihr stattdessen tun oder wie Ihr denken und miteinander umgehen wollt.


Ein Beispiel für ein Menschenbild ist die X/Y Theorie von Mc Gregor. Schaut einfach mal hier:


3. Den Fehler in den Vordergrund stellen, nicht den Menschen

Wenn ein Fehler passiert, ist irgendwo im Gesamtprozess etwas schief gegangen. Um nachhaltig aus einem Fehler zu lernen, damit er also nicht wieder passiert, ist es wichtig, dass der Prozess und die Zusammenhänge zum Fehler selbst untersucht werden und so getan wird, als ob es jedem beliebigen Menschen hätte passieren können. Hat die Person sich bspw. nicht konzentrieren können, bringt ein: „Konzentrier dich endlich!“ eher wenig. Besser wäre es die Umstände konstruktiv anzugehen und zu untersuchen, wie die Konzentration erhöht werden kann.


4. Anerkennung und Wertschätzung anstatt Druck und Blaming

Vor dem Hintergrund, dass Fehler nicht absichtlich passieren macht es wenig Sinn einen Menschen für einen Fehler zu bestrafen. Genauso wenig macht es Sinn von oben starken Druck auszuüben, dass keine Fehler passieren dürfen. Ist der Druck zu hoch entsteht eher das Problem, dass erst Recht Fehler passieren, da der Mensch nicht mehr voll leistungsfähig ist. Deshalb sollte Fehlern präventiv vorgebeugt werden, wie nachfolgend unter 5. beschrieben, und indem sich der Druck Fehler zu vermeiden in Grenzen hält.


5. Räume zum Üben schaffen, bevor die Fehler beim Kunden passieren

Wenn ich über das Thema Fehlerkultur spreche und dafür plädiere, dass Fehlermachen erlaubt sein soll, höre ich oft: „Ja, aber wenn es das Flugzeug zum Absturz bringt?“ Eben! Genau deshalb sollte es virtuelle, physische, psychische oder andere Möglichkeiten zum Fehlermachen passieren, bevor sie zu einem Notfall werden. Und dabei muss es nicht gleich der Flugzeugabsturz sein. Es kann auch die Steuererklärung vom Mandanten oder der Haarschnitt vom Kunden sein, bei denen kein Fehler passieren darf. Deshalb: Üben, üben, üben und Wissen austauschen!


6. Zusammenarbeiten, Wissen teilen und gegenseitig unterstützen

Wer regelmäßig sein Wissen austauscht, über Fehler spricht und gemeinsam lernt, kann Fehlern in Zukunft vorbeugen. Und auch dann ist keine Fehlerlosigkeit garantiert, aber genau deshalb lernen wir! Und zum Schluss hilft oftmals auch der Gedanke, dass Fehler nicht mit Absicht passieren und zum Menschsein dazugehören.


Bei der virtuellen Zusammenarbeit sitzen hinter dem Bildschirm natürlich Menschen mit Emotionen. Soweit ändert sich also nichts. Allerdings möchte ich auf einen besonders schwierigen Punkt in der virtuellen Zusammenarbeit aufmerksam machen: Dem Vertrauensaufbau. Nach wie vor ist es leichter sich im persönlichen Miteinander kennenzulernen und so Vertrauen aufzubauen. Deshalb sollte trotz virtuellem Raum nach Gelegenheiten gesucht werden, sich persönlich zu treffen. Sei es bei einem Spaziergang draußen oder einem Corona sicheren Präsenz-Workshop. Aber auch informelle, digitale Kaffee Talks unter Kolleg:innen können helfen Vertrauen aufzubauen. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten. Hier kann man kreativ werden. Vertrauen ist die Basis jeder guten Zusammenarbeit und bezieht sich nicht nur auf die Fehlerkultur. Deshalb sollte immer auch ein Auge auf die (von allen Teammitgliedern wahrgenommene) Vertrauensbasis geworfen werden.

Was für eine tolle Atmosphäre muss es sein, wenn ein Team sich regelmäßig für Fehler und den daraus resultierenden Wachstum feiert, weil er keinen Schaden anrichtet? Und wie wohl muss sich ein Kunde fühlen, wenn er weiß, dass es Räume zum Fehlermachen gibt, damit sie nicht bei ihm passieren?


Ich möchte jedenfalls nicht von Krankenhauspersonal betreut werden, das vor lauter Angst vorm Bloßstellen bei Fehlern so nervös ist, dass es erst Recht Fehler macht. Es lebe eine konstruktive Fehlerkultur!

 

Welche Ideen hast Du zur Unterstützung einer konstruktiven Fehlerkultur? Lass mich und die Blog Lesenden gerne im Kommentarfeld daran teilhaben. #miteinanderLernen


Interesse mehr zu erfahren? Oder fragst Du Dich, wie ich auf die Aussagen oben komme? Hier findest Du die Ergebnisse in meiner kurzen, wissenschaftlichen Arbeit „Emotionen bei Fehlern und das Zusammenspiel mit der Fehlerkultur in Organisationen“.

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