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New Work – Was ist das und was bringt es eigentlich?

Aktualisiert: 3. Jan. 2023

Ein Buzzword von vielen: New Work. Homeoffice, Tischkicker, bunte Stühle. Alle verstehen etwas anderes darunter. Ich sage Dir, es ist nichts davon. Es kommt darauf an, wie wir über Arbeit grundsätzlich denken und wie wir sie gestalten. New Work ist vor allem eins: Eine Win-Win-Win Situation für Menschen, Unternehmen und eine ganze Gesellschaft mit mehr Lebensqualität, Produktivität und Frieden für jeden. In diesem Beitrag erläutere ich Dir warum.


Für den schnellen Überblick:

I. Meine persönliche Erfahrung als Mitarbeiterin und Führungskraft



Was falsch läuft - Meine persönliche Erfahrung


Meinen ersten Job habe ich gewechselt, weil die Vorstellungen der traditionellen Zusammenarbeit, Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur nicht zu mir gepasst haben. Zu oft hatte ich das Erlebnis, dass ich mit Bauchschmerzen zur Arbeit ging. Fremdbestimmung, ein schlechter zwischenmenschlicher Umgang oder unterschwellige Konflikte, kaum Kreativität oder eigene Entfaltung. Erkennst Du Dich wieder?


Das ist nun über 10 Jahre her. In mir entstand ein Bild, wie eine bessere Arbeitswelt aussehen kann, in der ich arbeiten möchte. Denn in vielen Unternehmen, in denen ich bisher gearbeitet habe oder als Beraterin tätig sein durfte, begegnet mir ähnliches: Sinnlos getriebene, frustrierte und energiearme Mitarbeitende, die sich entweder mehr schlecht als recht die Zeit in dem Unternehmen totschlagen oder total erschöpft alles gaben. Das muss doch anders gehen!?


Ich dachte, wenn ich erstmal selbst Führungskraft bin, habe ich es in der Hand ein Umfeld zu schaffen, in dem mein Team mit Freude zur Arbeit kommt. Als ich dann endlich mit Ende Zwanzig meine erste offizielle Führungsrolle inne hatte, habe ich schnell gemerkt, dass ich nur bedingt etwas ändern kann. Selbst getrieben, saß ich wie ein Sandwich zwischen den Erwartungen meines Teams und den meiner Vorgesetzten. Der Druck und die Atmosphäre vom Umfeld ließ sich nicht von mir und meinem Team fernhalten. Mir wurde klar, dass es viel mehr Menschen, die an einem Strang ziehen und neue Strukturen braucht, um wirklich etwas zu verändern. Es ist schon verrückt, denn die meisten Menschen sind unzufrieden bei der Arbeit und trotzdem ändert sich nichts oder nur sehr wenig (siehe Studien von Gallup).


Wenn ich meinen, über die Arbeit klagenden Freunden von meiner Vision erzähle, werde ich oft belächelt und für naiv gehalten: "Das ist doch niemals möglich". Meine Vision von einem inspirierenden Arbeitsumfeld und einer Arbeit, die mich begeistert, die mir Kraft gibt, in der ich mein Potenzial ausleben kann, mit der ich wachse und so, ganz natürlich und nebenbei Topleistungen erbringe. Weil ich will und nicht, weil ich muss. Ich spreche nicht von einer heilen Traumwelt, denn auch in meiner Welt gibt es Spannungen, Reibungen und Konflikte. Allerdings werden sie als Wachstumspotenziale erkannt und konstruktiv angegangen. Was ist denn die Alternative, wenn wir nicht die aktuelle Arbeitswelt verändern? Weiterhin unglücklich sein, krank werden oder Burnout? Ich glaube daran, dass meine Vision umsetzbar ist. In kleinen Schritten - aber es ist möglich!


Durch Zufall bin ich auf die Ansichten des Sozialphilosophen und Wissenschaftler Frithjof Bergmann gestoßen und bekam Gänsehaut. Er bestätigte und erweiterte meine gewonnenen Erkenntnisse und Vision von einer Arbeitswelt, die energetisiert und begeistert. Und das Beste daran ist, dass diese neue Arbeitswelt eine Win-Win-Win Situation für die Menschen, Unternehmen und eine ganze Gesellschaft darstellt. Wobei eigentlich gar nicht von einer Arbeitswelt gesprochen werden kann, denn es gibt keine Arbeits-Welt, sondern nur EINE Lebens-Welt, in der die Arbeit ein Teil ist. Man kann die Arbeit also gar nicht vom Leben trennen.




Was ist nun New Work?




Ich habe den Eindruck gewonnen, dass in der Unternehmenswelt die Neue Arbeit vor allem anhand visueller Erscheinungen wie Tischkicker im Hof, bunte Stühle und agiles Arbeiten angekommen ist. Das ist auch alles gut und - solange sinnvoll eingesetzt - auch richtig, allerdings tritt durch die moderne Ausstattung und Arbeitsmethoden meistens der Sinn von New Work in den Hintergrund. Deshalb möchte ich auf den Grundgedanken von New Work im Sinn von dem Begründer der Bewegung, Frithjof Bergmann, aufmerksam machen.


In seinem lesenswerten Buch „Neue Arbeit, neue Kultur“ beschreibt er die Neue Arbeit in kurzen Worten als Umkehrung und erklärt es anhand der Begriffe Ziel oder Zweck. Der Mensch wurde bisher immer nur als Werkzeug benutzt, d.h. als Mittel zum (unternehmerischen) Zweck. Und die Menschen unterwarfen sich dem. Der Kerngedanke der Neuen Arbeit ist, dass der Mensch nicht der Arbeit dient, sondern die Arbeit dem Menschen.

Durch die Arbeit sollen wir uns weiterentwickeln und sie soll uns dabei unterstützen lebendigere, vollständigere Menschen zu werden. Sie soll uns vor allem Kraft und Energie geben, anstatt uns zu erschöpfen. Er beschreibt in klaren Worten, wie die Arbeit die Menschen verunstaltet und krank macht. In einfachen Worten: Sie macht uns zu Krüppeln. Und dies ist besonders verheerend, wenn man betrachtet wie viel Raum die Arbeit in unserem Leben einnimmt. Die Arbeit muss deshalb vom Leben her gedacht werden!


In seiner 20-jährigen Erfahrung hat Frithjof Bergmann beobachtet, dass eine Arbeit, in der die Veranlagungen und Talente der Menschen berücksichtigt werden, die ihren tiefsten Wünschen entsprechen, ihnen Energie gibt, sie stärkt und die Menschen auf eine höhere Ebene hebt.


Das Ziel der Neuen Arbeit ist es deshalb, die Arbeit so zu verändern, damit sie freie, selbstbestimmte und menschliche Wesen hervorbringt.

Die obige Ausführung über New Work ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Grundgedanken von Frithjof Bergmann. Seine weiteren, komplexeren Ausführungen und Zusammenhänge kannst Du in seinem Buch oder auf seiner Website nachlesen. Die Literaturempfehlungen findest Du unten.


Warum ist ein Umdenken in der Arbeitswelt gefragt?


Seit der industriellen Revolution wird die Arbeitswelt durch ein und denselben Vorgang geprägt: Der Mensch übt eine Tätigkeit so lange aus bis er von der Technik ersetzt werden kann. So war es bei den Telefonistinnen und setzt sich heute im Rahmen der Digitalisierung fort. Und dennoch finden die Menschen wieder einen neuen Platz. Wenn man das obige Beispiel mit den Massenentlassungen in Flint von Frithjof Bergmann auf heute bezieht, geht es mit der Digitalisierung genauso weiter: Standardprozesse werden von der Technik übernommen. Momentan sind es überwiegend Standardprozesse. Was kommt in der Zukunft? Das bedeutet vor allem, dass die Unternehmen und Menschen umdenken müssen, weil sie immer schneller und häufiger Tätigkeiten an die Technik und Roboter abgeben und diese Tätigkeiten auch immer komplexer werden. Was bleibt ist der Mensch, mit all seinen Potenzialen und Fähigkeiten, die sich (noch!) von denen der Roboter unterscheiden: Mit Kreativität, Empathie und Emotionen hat der Mensch andere Möglichkeiten als die Technik. Deshalb ist es umso wichtiger den Menschen in seinen menschlichen Fähigkeiten zu stärken und zu fördern. Heute müssen die Weichen gestellt werden um nicht die Technik, sondern den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. New Work berücksichtigt schon immer High Tech sowie den Menschen mit den ureigenen, menschlichen Bedürfnissen nach Sinn und Selbstverwirklichung.


Um diese menschlichen Bedarfe zu stillen, muss allerdings ein zugrundeliegendes Menschenbild und ganze Systeme hinterfragt und auf den Kopf gestellt werden. Insbesondere auch, weil durch die Digitalisierung eine Komplexität in der Welt herrscht, der man mit alten hierarchischen Strukturen und Denkmustern nicht mehr begegnen kann. Eine schnelle Umwelt erfordert schnelle Entscheidungen und neue Organisationsstrukturen, in denen das möglich ist. Das Vertrauen in das Potenzial der Mitarbeitenden bekommt hier eine besondere Bedeutung. Die Verantwortung jedes einzelnen Menschen ist gefragt. Aber dies ist nur die eine Seite der Medaille, denn die hierarchischen Systeme sind von Menschen künstlich erschaffene Konstrukte, um Transparenz und Ordnung zu schaffen und um Macht zu bündeln. Diese Systeme hatten in vorherigen Zeiten ihre Daseinsberechtigung und wurden erschaffen, damit die Arbeitswelt funktioniert. Für die damalige Zeit und Technik hat eine hierarchische Struktur mit all den impliziten Denkmustern und Verhaltensweisen funktioniert und seinen Dienst getan. Heute ist die Welt jedoch eine andere und die Organisationen müssen dringend ihr „Betriebssystem“ hinterfragen. Es reicht nicht mehr nur die Technik anzupassen!


An dieser Stelle ein Dankeschön an die großartigen Gedanken von Mark Poppenborg, dessen Video Du Dir unbedingt ansehen solltest:


Warum ist New Work heute besonders relevant für Unternehmen?


Mit der Digitalisierung und den starren, formalen Strukturen kommen die Unternehmen nicht mehr hinterher, sich der stetig wandelnden VUCA Welt anzupassen. Wer wettbewerbsfähig bleiben möchte, muss den Mitarbeitenden das Vertrauen für viele eigene Entscheidungen schenken. Heute ist beispielsweise durch die Arbeits- und Organisationspsychologie bekannt, dass diese erschaffenen Systeme den menschlichen (Grund-)Bedürfnissen in vielen Aspekten nicht gerecht werden kann, weshalb die Arbeit zu viel Unzufriedenheit und Krankheit führt. Dies wiederum wirkt sich auf die Leistungsfähigkeit der Organisation aus. Unter den formalen Strukturen tobt das wilde Leben. Diese menschliche Seite der Organisation ist voller Emotionen, Machtkämpfe und Konflikte. Es wirken Kräfte und Gegenkräfte, die ohne Beachtung und den Blick auf die Menschen niemals das volle, unter den Strukturen versteckte Potenzial der Organisationen zum Tageslicht bringen. Fehlende konstruktive Bewältigungsstrategien führen zur Tabuisierung der „problematischen“ Seite, die voller Energiepotenzial steckt und auf diese Weise aber unterdrückt wird. Da bringt es auch nicht viel im (vermeintlichen) Sinn von New Work das agile Arbeiten in hierarchische Strukturen zu pressen, wenn das Mindset nicht stimmt.


Um die volle Energie der Organisation zum Strahlen zu bringen ist es notwendig den Menschen in der Organisation Freiräume zu geben um sich weiterzuentwickeln und um das tun zu können, was sie wirklich, wirklich wollen. Es muss also die Kultur weiterentwickelt werden, die das Lernen, Mut und Fehler machen erlaubt. Menschsein bedeutet auch Platz für Emotionen zu haben und ebenso zu wissen, wie man mit der unangenehmen Seite des Menschseins konstruktiv umgehen kann. Denn Konflikte sind Potenzial für neue Lösungen und Wachstum.


Zudem kommt noch, dass die neuen Generationen andere Werte wie beispielsweise Selbstbestimmtheit, Selbstverwirklichung, Kreativität und Wachstum in den Vordergrund rücken. Sie stellen andere Ansprüche an ihre Arbeit als eine Vielzahl der Menschen aus vorangegangen Generationen. Sie wollen sich durch ihre Arbeit weiterentwickeln und ihrem Leben einen Sinn geben. Wer neue Nachwuchskräfte sucht und wettbewerbsfähig bleiben will, muss diese Werte berücksichtigen. Diese Generationen suchen hauptsächlich Unternehmen, die zu ihren Werten passen. Alt-traditionelle Organisationen, deren „Betriebssysteme“ nicht auf den Menschen ausgerichtet sind, stehen bei den Bewerbungen ganz weit unten auf der Liste. Denn diese Menschen sind sich bewusst, dass sie nur einmal leben!



Warum ist New Work eine Win-Win-Win Situation?




Die Neue Arbeit ist eine tiefgreifende Transformation der bestehenden Arbeitswelt und vor allem ein Neues Denken, das der Veränderung vorausgehen muss. Wenn jede einzelne Person mehr Kraft und Lebensenergie hat und die Unternehmen durch mehr Produktivität erfolgreicher sind, kommt der Fortschritt und die Lebensqualität auch unserer Gesellschaft zugute. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Zufriedenere Menschen führen zu einer friedlicheren Welt. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass New Work eine Win-Win-Win Situation für Menschen, Unternehmen und eine ganze Gesellschaft ist. Die Arbeit sollte so gestaltet sein, dass die Menschen wachsen können, mit diesem Wachstum, entwickeln sich die Unternehmen und es wirkt sich auf die gesamte Gesellschaft aus, die gesünder, stärker und lebensfroher ist als je zuvor. Die Arbeit kann also die Kompetenzen und das Wohlbefinden fürs eigene Leben und für die Gesellschaft stärken.

Selbstverständlich kann man nicht von jetzt auf gleich das gesamte System ändern. Aber man kann beginnen kleinere Veränderungen in den Alltag zu integrieren und beispielsweise in den kleinsten Einheiten starten: den Teams. In den Teams und Abteilungen sollte eine (Zusammen-)Arbeit gestaltet werden, die Energie gibt und begeistert. Das bedeutet, sich zunächst mit der menschlichen Seite auseinanderzusetzen: Was gibt uns aktuell Energie und was entzieht sie uns?


In meiner New Work Toolbox, die Du auf meiner Website herunterladen kannst, findest Du einen Energy Check.


Viele Spaß beim Ausprobieren!


Deine Domenika


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Als Change Expertin und wirtschaftspsychologische Beraterin unterstütze ich Führungskräfte und Teams erste Schritte zu gehen und die Arbeit für sie so zu gestalten, dass sie Energie und Kraft gibt. Das Ziel ist es einerseits, zu mehr Teamleistung und Erfolg für das Unternehmen zu gelangen. Und andererseits, ein erfüllteres Leben für jeden einzelnen im Blick zu haben. Das bedeutet Themen sichtbar zu machen und anzugehen, die für das Ziel hinderlich sind bzw. schlafende Potenziale zu wecken.


Schreib mich gerne an: wandel@domenika-rinke.de




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Leseempfehlung:


Bergmann, Frithjof, Neue Arbeit, neue Kultur. Freiamt: Arbor, 7. Aufl. 2019.

New Work Website über Prof. F. Bergmann: https://newwork-newculture.dev/

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